4.5 Vektorprodukt#
Nachdem wir uns zwei Kapitel lang mit dem Skalarprodukt beschäftigt haben, werden wir in diesem Kapitel das Vektorprodukt kennenlernen. Im Gegensatz zum Skalarprodukt ist das Ergebnis dieser Verknüpfung ein Vektor.
Lernziele#
Lernziele
Sie können das Vektorprodukt von Vektoren in Komponentenschreibweise ausrechnen.
Sie können folgende Rechenregeln anwenden:
Antikommutativgesetz: \(\vec{a}\times\vec{b} = \textcolor{red}{-}\vec{b}\times\vec{a}\)
Distributivgesetz Skalarmultiplikation: \(s\cdot\left(\vec{a}\times\vec{b}\right) = \left(s\cdot\vec{a}\right)\times\vec{b} = \vec{a}\times\left(s\cdot\vec{b}\right)\)
Distributivgesetz Addition: \(\vec{a}\times\left(\vec{b}+\vec{c}\right) = \vec{a}\times\vec{b} + \vec{a}\times\vec{c}\)
kein Assoziativgesetz: \(\left(\vec{a}\times\vec{b}\right)\times\vec{c}\textcolor{red}{\,\neq\,} \vec{a}\times \left(\vec{b} \times \vec{c}\right)\).
Sie wissen, wie das Vektorprodukt zweier Vektoren geometrisch interpretiert wird: Das Vektorprodukt der beiden Vektoren \(\vec{a}\) und \(\vec{b}\) ist der Vektor \(\vec{c}\) für den gilt:
Die Richtung von \(\vec{c}\) ist senkrecht zu \(\vec{a}\) und senkrecht zu \(\vec{b}\).
Die Vektoren \(\vec{a}\), \(\vec{b}\) und \(\vec{c}\) bilden ein Rechtssystem.
Die Länge von \(\vec{c}\) ist die Fläche des Parallelogramms, das durch \(\vec{a}\) und \(\vec{b}\) gebildet wird. Wenn \(\varphi=\angle(\vec{a},\vec{b})\) der eingeschlossene Winkel zwischen \(\vec{a}\) und \(\vec{b}\) ist, dann gilt:
\[|\vec{a}\times\vec{b}| = |\vec{a}|\cdot|\vec{b}|\cdot\sin(\varphi).\]
Vektorprodukt#
Das Skalarprodukt ist eine Verknüpfung von zwei Vektoren, bei der das Ergebnis ein Skalar ist. Jetzt wollen wir einen Verknüpfung von zwei Vektoren einführen, bei der das Ergebnis ein Vektor ist. Diese Verknüpfung hat eine sehr wichtige Besonderheit: es gibt sie nur im dreidimensionalen Standardvektorraum \(\mathbb{R}^3\).
Um das Vektorprodukt zu erklären, nehmen wir ein Beispiel aus dem Video “Kreuzprodukt zweier Vektoren” von VisualX, nämlich die beiden 3D-Vektoren
Das Vektorprodukt wird berechnet als
Die genaue Formel zur Berechnung lautet
Was ist … das Vektorprodukt?
In einem rechtshändischen kartesischen Koordinatensystem \(\mathbb{R}^3\) wird das Vektorprodukt zweier Vektoren \(\vec{a}\) und \(\vec{b}\) defininert als
Das Vektorprodukt wird auch manchmal Kreuzprodukt genannt.
Die Formel zur Berechnung des Vektorproduktes ist leider nicht ganz einfach zu merken. Daher werden im folgenden Video zwei Merkregeln vorgestellt. Wundern Sie sich nicht, wenn im Video von Kreizprodukt gesprochen wird. Das ist eine alternative Bezeichnung für das Vektorprodukt, die von dem Symbol \(\times\) kommt.
Video “Kreuzprodukt zweier Vektoren” von VisualX
Rechenregeln#
Für das Vektorprodukt gelten einige Rechenregeln, die zuerst nicht intuitiv sind.
Das Vektorprodukt ist nicht kommutativ, sondern antikommutativ. Wir greifen das obige Beispiel erneut auf:
Wenn wir nun \(\vec{b}\times\vec{a}\) ausrechnen, erhalten wir aber
Das ist der Gegenvektor zu \(\vec{a}\times\vec{b}\). Das ist kein Zufall. Tatsächlich können wir beweisen, dass immer das Antikommutativgesetz
für alle Vektoren \(\vec{a}\in\mathbb{R}^3\) und \(\vec{b}\in\mathbb{R}^3\) gilt.
Die Regel für die Mischung von Skalarmultiplikation und Vektorprodukt sind wieder natürlich. Es gilt
Es gilt also das Distributivgesetz für die Skalarmultiplikation. Ebenso gilt das Distributivgesetz für die Addition, also
Umgekehrt halten wir noch fest, dass das Vektorprodukt nicht assoziativ ist. Allgemein gilt also
Geometrische Interpretation Vektorprodukt#
Das Vektorprodukt wurde eingeführt, dass es zwei sehr spannende Anwendungen in der Geometrie hat, die viele Rechnungen deutlich vereinfachen. Halten wir zunächst einmal folgende Beobachtung fest. Der Vektor \(\vec{n} = \vec{a}\times\vec{b}\) steht senkrecht auf dem Vektor \(\vec{a}\) und senkrecht auf dem Vektor \(\vec{b}\).
Probieren wir zunächst ein Beispiel. Wir greifen wieder auf das Beispiel von oben zurück, d.h. wir nehmen die beiden Vektoren
Das Kreuzprodukt ist dann
Als erstes testen wir, ob \(\vec{n}\) senkrecht auf \(\vec{a}\) steht und berechnen dazu das Skalarprodukt:
Da das Skalarprodukt der beiden Vektoren Null ist, steht \(\vec{n}\) senkrecht auf \(\vec{a}\). Als zweites testen wir \(\vec{n}\) und \(\vec{b}\).
Nur weil bei unserem Beispiel das Vektorprodukt\(\vec{a}\times\vec{b}\) senkrecht auf \(\vec{a}\) und \(\vec{b}\) steht, muss das nicht immer so sein. Das könnte auch Zufall gewesen sein. Schauen wir uns also allgemein an, was \(\vec{n}\cdot\vec{a}\) und \(\vec{n}\cdot\vec{b}\) ergeben.
Die Rechnung \(\vec{n}\cdot\vec{b}\) funktioniert genauso und ergibt ebenfalls \(0\).
Etwas kniffliger ist der Nachweis, dass die Länge des Vektorproduktes gleich dem Flächeninhalt des Parallelogramms ist, das die Vektoren \(\vec{a}\) und \(\vec{b}\) aufspannen. Den Beweis können Sie sich in dem folgenden Video ansehen.
Video “Kreuzprodukt geometrisch” von VisualX
Halten wir also die geometrische Interpretation des Vektorproduktes fest.
Wie wird das Vektorprodukt geometrisch interpretiert?
Das Vektorprodukt \(\vec{n}=\vec{a}\times\vec{b}\) ist ein Vektor, der sowohl auf dem Vektor \(\vec{a}\) als auf dem Vektor \(\vec{b}\) senkrecht steht. Die drei Vektoren bilden zusammen ein Rechtssystem. Die Länge \(|\vec{n}|\) des Vektors \(\vec{n}\) ist gleich dem Flächeninhalt des Parallelogramms, das die beiden Vektoren \(\vec{a}\) und \(\vec{b}\) aufspannen. Es gilt
wobei \(\varphi=\angle(\vec{a},\vec{b})\) der eingeschlossene Winkel zwischen \(\vec{a}\) und \(\vec{b}\) ist.
Zusammenfassung und Ausblick#
Das Vektorprodukt gibt es nur im dreidimensionalen Vektorraum, da es geometrisch motiviert ist. Mit dem Spatprodukt, das im nächsten Kapitel erläutert wird, werden wir erneut ein Hilfsmittel erhalten, um geometrische Probleme zu lösen.