9.1 Grundwissen Zahlenfolgen#

Folgen von Zahlen haben in der Signalverarbeitung eine wichtige Bedeutung. In der Mathematik sind Zahlenfolgen der Baustein, aus dem die Differential- und Integralrechnung gebaut werden.

Lernziele#

Lernziele

  • Sie wissen, was eine Folge ist.

  • Im Zusammenhang mit Folgen können Sie die Fachbegriffe Folgenglied und Index erklären.

  • Sie können Zahlenfolgen definieren

    • durch die konkrete Aufzählung von Folgengliedern, z.B. \((a_k) = \{1,4,9,16,25,36, \ldots\}\),

    • durch eine explizite Regel, d.h. man gibt eine Formel an, mit der jedes Folgenglied unabhängig von den anderen berechnet werden kann, z.B. \(a_k = k^2, \, k=1,2,\ldots\) oder

    • durch eine rekursive Regel, d.h. man gibt ein paar Anfangsglieder an und danach eine Formel, wie sich die übrigen daraus berechnen, z.B. \(a_0 = 0, a_1 = 1 \text{ und } a_{k} = a_{k-2} + a_{k-1}\) für alle \(k\geq 2\).

  • Sie kennen den Fachbegriff alternierend, um Folgen zu beschreiben, bei denen sich das Vorzeichen abwechselt.

  • Sie können von einer gegebenen Folge bestimmen, ob die Zahlenfolge monoton fallend, streng monoton fallend, monoton wachsend oder streng monoton wachsend ist. Zur Erinnerung, man nennt eine Zahlenfolge \((a_k)\)

    • monoton fallend, falls \(a_k \geq a_{k+1}\),

    • streng monoton fallend, falls \(a_k > a_{k+1}\),

    • monoton wachsend, falls \(a_k \leq a_{k+1}\),

    • streng monoton wachsend, falls \(a_k < a_{k+1}\).

  • Sie können den Fachbegriff beschränkte Zahlenfolge erklären.

Was ist eine Folge?#

Wir haben schon Mengen und Tupel kennengelernt, jetzt geht es weiter mit Folgen. Bei einem Tupel ist die Reihenfolge der Elemente entscheidend, in der die Elemente angeordnet sind. Beispielsweise werden Farben durch RGB-Werte beschrieben, also den Anteil an Rot, Grün und Blau. Ein pures Rot wird gekennzeichnet als (1, 0, 0), während der RGB-Wert (0, 0, 1) ein reines Blau darstellt. In dem Tupel dürfen Werte mehrfach vorkommen so wie beispielsweise die Null in Rot zweimal auftaucht. Dafür ist die Reihenfolge entscheidend, denn in der Farbe Blau kommt die Null ebenfalls zweimal vor und die Eins einmal, aber dennoch beschreiben die beiden Tupel unterschiedliche Farben. Tupel haben endlich viele Elemente. Daher verwenden wir auch die Bezeichnung n-Tupel, wobei n die Anzahl der Elemente angibt. Jetzt lösen wir uns von der Einschränkung, dass die Anzahl endlich ist. Folgen sind Tupel mit unendlich vielen Elementen. Die können wir nicht mehr alle auflisten, wir brauchen eine Beschreibung für die unendlich vielen Elemente.

Die Aufzählung

\[2, 4, 6, 8, 10, 12, 14, \ldots\]

ist ein klassisches Beispiel für eine Folge. Wir erkennen, dass es sich um die geraden natürlichen Zahlen handelt.

An der dritten Stelle der Folge steht das Element 6. Bei Folgen benutzt man allerdings selten den Fachbegriff »Element«, sondern spricht von dritten Folgenglied. Da es bei Folgen auf die Reihenfolge der Elemente ankommt, werden die Positionen durchnummeriert, also beispielsweise

\[\begin{align*} a_1 &= 2 \\ a_2 &= 4 \\ a_3 &= 6 \\ a_4 &= 8 \\ a_5 &= 10 \\ a_6 &= 12 \\ & \; \vdots \\ \end{align*}\]

Allgemein schreibt man für eine Folge \((a_i)_{i\in\mathbb{N}}\) oder auch einfach \((a_i)\) um anzudeuten, dass es sich hier um eine Aufzählung unendlich vieler Folgenglieder \(a_i\) handelt. Die Positionsangabe \(i\) heißt Index der Folge.

Was ist … eine Folge?

Eine Folge ist eine Aufzählung von unendlich vielen Zahlen \(a_i\) und wird mit runden Klammern geschrieben:

\[(a_i)_{i\in\mathbb{N}}.\]

Eine einzelne Zahl der Folge wird Folgenglied genannt. Die Position eines Folgenglieds innerhalb der Folge wird Index genannt.

Video “Was ist eine Folge?”

Wie werden Folgen beschrieben?#

Da eine Folge unendlich viele Folgenglieder hat, können wir nicht alle hinschreiben. Eine Variante, eine Folge anzugeben, ist die konkrete Aufzählung der ersten Folgenglieder in der Hoffnung, dass dann jeder versteht, nach welchem Muster die Folge gebildet wurde und wie es weiter geht. Das haben wir oben getan.

Eine zweite Variante ist die Angabe einer expliziten Regel, wie die Folgenglieder gebildet werden sollen. Die explizite Regel können wir uns wie eine Funktion vorstellen, bei der die Definitionsmenge die natürlichen Zahlen sind. In dem obigen Beispiel lautet eine explizite Regel

\[a_k = 2 \cdot k, \quad k\in\mathbb{N}.\]

Eine dritte Variante, folgen zu beschreiben, ist die Beschreibung als rekursive Regel. Wir können bei dem obigen Beispiel festhalten, dass die Folge bei \(a_1 = 2\) startet. Ist ein Folgenglied \(a_{k}\) berechnet, wird das nächste Folgenglied \(a_{k+1}\) berechnet, indem die Zahl 2 addiert wird. Also können wir die Folge auch folgendermaßen beschreiben:

\[a_1 = 2, \quad a_{k+1} = a_{k} + 2, \quad k = 2, 3, 4, \ldots .\]

Manche Folgen können explizit beschrieben werden, manche rekursiv und manchmal ist es möglich, für eine Folge sowohl eine explizite als auch eine rekursive Bildungsvorschrift zu finden.

Video “Zahlenfolgen” von Mathematische Methoden
Video “Explizite Formel finden” von Mathematrick
Video “Rekursive Formel” von Mathematrick

Eigenschaften von Folgen#

Folgen werden auch durch ihre Eigenschaften beschrieben. Im Folgenden betrachten wir die drei Eigenschaften alternierend, monoton und beschränkt.

Alternierende Folgen#

Die obige Folge der geraden natürlichen Zahlen kann auch so abgeändert werden, dass das Vorzeichen immer abwechselt:

\[2, -4, 6, -8, 10, -12, \ldots.\]

Eine solche Folge heißt alternierend.

Video “alternierende Folge” vom Mathematrick

Monotonie von Folgen#

Da Folgen nur Funktionen mit Definitionsgebiet \(\mathbf{N}\), verwundert es nicht, dass es die Eigenschaft der Monotonie auch für Folgen gibt. Eine Folge muss nicht monoton sein. Wenn sie monoton ist, gibt es vier Fälle. Eine Folge \((a_k)\) heißt

  • monoton fallend, falls \(a_k \geq a_{k+1}\),

  • streng monoton fallend, falls \(a_k > a_{k+1}\),

  • monoton wachsend, falls \(a_k \leq a_{k+1}\),

  • streng monoton wachsend, falls \(a_k < a_{k+1}\).

Video “Monotonie von Folgen” von Mathematrick

Beschränktheit von Folgen#

Als nächstes betrachten wir als Beispiel die Folge

\[1,\frac{1}{2},\frac{1}{4},\frac{1}{8},\frac{1}{16},\frac{1}{32},\ldots.\]

Das explizite Bildungsgesetz für diese Folge lautet

\[a_{k} = \left(\frac{1}{2}\right)^{k-1}, \quad k \in\mathbb{N}.\]

Die Folgenglieder werden immer kleiner und sind irgendwann so klein, dass sie kaum von Null zu unterscheiden sind. Aber dennoch bleiben sie positiv, egal wie groß auch \(k\) wird. Man sagt daher, dass die Zahl 0 eine untere Schranke für diese Folge ist bzw. dass die Folge nach unten beschränkt ist. Es gilt

\[0 \leq a_k, \quad \forall k\in\mathbb{N},\]

tatsächlich gilt sogar \(0 < a_k\). Aber auch die Zahl -17.3 ist eine untere Schranke für diese Folge, denn es gilt auch

\[-17.3 \leq a_k, \quad \forall k\in\mathbb{N}.\]

Auch hier gilt sogar das strikte Ungleichheitszeichen \(<\).

Alle negativen Zahlen sind untere Schranken für diese Folge. Von den unteren Schranken ist \(S_{\text{unten}}=0\) die größte untere Schranke und wird Infimum genannt.

Auch nach oben finden wir eine Schranke, die Folge \((a_k)\) ist nach oben beschränkt. Beispielsweise sind alle Folgenglieder kleiner als 4, also

\[4 \geq a_k, \quad \forall k\in\mathbb{N}.\]

Auch hier gilt eigentlich das strikte Ungleichheitszeichen \(>\). Eine Zahl \(S\in\mathbb{R}\) mit

\[s \geq a_k, \quad \forall k\in\mathbb{R}\]

wird obere Schranke genannt. Auch hier gibt es eine kleinste obere Schranke, nämlich die Zahl 1, denn es gilt

\[1 \geq a_k, \quad \forall k\in\mathbb{R}.\]

Die kleinste obere Schranke wird Supremum genannt. Allrdings gibt es hier bei diesem konkreten Beispiel einen Unterschied zwischen dem Infimum 0 und dem Supremum 1. Es gibt kein Folgenglied \(a_k\), das jemals den Wert 0 annimmt. Das Infimum kommt niemals in der Folge vor. Aber das Supremum 1 entspricht gleich dem ersten Folgenglied \(a_1 = 1\). Weil das Supremum tatsächlich auch ein Folgenglied ist, bezeichnet man das Supremum als Maximum. Gäbe es ein Folgenglied mit dem Infimum, hätte man das Infimum auch Minimum genannt.

Halten wir noch fest, was beschränkt bedeutet: eine Folge die sowohl nach oben als auch nach unten beschränkt ist, heißt einfach nur beschränkt.

Das folgende Video brauchen Sie nur bis ca. 7:58 min schauen, Konvergenz kommt erst im nächten Kapitel.

Video “Beschränktheit, Monotonie, Konvergenz von Zahlenfolgen” von MathePeter

Zusammenfassung und Ausblick#

In diesem Kapitel haben Sie gelernt, was eine Folge ist und was die mathematischen Fachbegriffe Folgenglied und Index bedeuten. Es gibt verschiedene Varianten, Folgen zu beschreiben, beispielsweise die Aufzählung, die explizite Regel oder die rekursive Formel. Neben den alternierenden Folgen haben Sie auch gelernt, was Monotonie und Beschränktheit von Folgen bedeutet. Beides werden wir im folgenden Kapitel brauchen, wenn es um Grenzwerte bzw. Konvergenz von Folgen geht.