7.3 Orthogonale Matrizen#

Orthogonale Matrizen spielen eine wichtige Rolle zur Beschreibung von Drehungen und Spiegelungen in der Geometrie. In diesem Kapitel werden die Definition und Eigenschaften orthogonaler Matrizen vorgestellt sowie deren Anwendungsmöglichkeiten erläutert.

Lernziele#

Lernziele

  • Sie wissen, was eine orthogonale Matrix ist.

  • Sie kennen die wichtigsten Eigenschaften von orthogonalen Matrizen.

Orthogonale Matrix#

Eine quadratische Matrix \(\mathbf{Q}\in\mathbb{R}^{n\times n}\) heißt orthogonal, wenn sie die Bedingung erfüllt:

\[\mathbf{Q}^{T}\cdot\mathbf{Q} = \mathbf{Q}\cdot\mathbf{Q}^{T} = \mathbf{E},\]

wobei \(\mathbf{Q}^{T}\) die Transponierte von \(\mathbf{Q}\) ist. Mit \(\mathbf{E}\) bezeichnen wir wie üblich die Einheitsmatrix.

Eine orthogonale Matrix hat die Eigenschaft, dass ihre Zeilen- und Spaltenvektoren paarweise orthonormal sind, d.h. sie sind orthogonal zueinander und haben jeweils die Länge 1.

Ein Beispiel für eine orthogonale Matrix ist

\[\begin{split}\mathbf{A} = \begin{pmatrix} 0 & 1 \\ -1 & 0 \end{pmatrix}.\end{split}\]

Um zu überprüfen, ob \(\mathbf{A}\) orthogonal ist, müssen wir die Definition anwenden und zeigen, dass \(\mathbf{A}^{T}\cdot\mathbf{A}=\mathbf{E}\) gilt. Wir berechnen zunächst die transponierte Matrix:

\[\begin{split}\mathbf{A}^T = \begin{pmatrix} 0 & -1 \\ 1 & 0 \end{pmatrix}.\end{split}\]

Dann multiplizieren wir \(\mathbf{A}^{T}\) mit \(\mathbf{A}\):

\[\begin{split}\mathbf{A}^{T}\cdot\mathbf{A} = \begin{pmatrix} 0 & -1 \\ 1 & 0 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} 0 & 1 \\ -1 & 0 \end{pmatrix}.\end{split}\]

Das ergibt

\[\begin{split}\mathbf{A}^T \cdot\mathbf{A} = \begin{pmatrix} (0 \cdot 0 + (-1) \cdot (-1)) & (0 \cdot 1 + (-1) \cdot 0) \\ (1 \cdot 0 + 0 \cdot (-1)) & (1 \cdot 1 + 0 \cdot 0) \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 1 & 0 \\ 0 & 1 \end{pmatrix}.\end{split}\]

Das Ergebnis ist die Einheitsmatrix der Dimension \(2\times 2\). Ein weiteres sehr bekanntes Beispiel einer orthogonalen Matrix ist die \(2\times 2\)-Rotationsmatrix

\[\begin{split}\mathbf{R}(\varphi) = \begin{pmatrix}\cos(\varphi)&-\sin(\varphi) \\ \sin(\varphi)&\cos(\varphi)\end{pmatrix},\end{split}\]

die für jeden Winkel \(\varphi\) orthogonal ist. Wir bilden zuerst die Transponierte:

\[\begin{split}\mathbf{R}^T(\varphi) = \begin{pmatrix} \cos(\varphi) & \sin(\varphi) \\ -\sin(\varphi) & \cos(\varphi) \end{pmatrix}.\end{split}\]

Das ergibt

\[\begin{split}\mathbf{R}^T(\varphi)\cdot \mathbf{R}(\varphi) = \begin{pmatrix} \cos^2(\varphi) + \sin^2(\varphi) & \cos(\varphi)(-\sin(\varphi)) + \sin(\varphi) \cos(\varphi) \\ (-\sin(\varphi))\cos(\varphi) + \cos(\varphi)\sin(\varphi) & \sin^2(\varphi) + \cos^2(\varphi) \end{pmatrix}.\end{split}\]

Die trigonometrischen Terme können weiter vereinfacht werden, denn es gelten:

  • \(\cos^2(\varphi) + \sin^2(\varphi) = 1\) (trigonometrische Identität)

  • \(\cos(\varphi)(-\sin(\varphi)) + \sin(\varphi)\cos(\varphi) = 0\)

  • \((- \sin(\varphi))\cos(\varphi) + \cos(\varphi)\sin(\varphi) = 0\)

  • \(\sin^2(\varphi) + \cos^2(\varphi) = 1\)

Somit erhalten wir erneut die \(2\times 2\)-Einheitsmatrix

\[\begin{split}\mathbf{R}^T(\varphi)\cdot \mathbf{R}(\varphi) = \begin{pmatrix} 1 & 0 \\ 0 & 1 \end{pmatrix}.\end{split}\]

Eigenschaften von orthogonalen Matrizen#

Längen- und Winkeltreue#

Wird eine orthogonale Matrix \(\mathbf{Q}\) mit einem Vektor multipliziert, ändert sich seine Länge nicht. Es gilt also

\[\|\mathbf{Q}\cdot\vec{x}\| = \|\vec{x}\|.\]

Auch der Winkel zwischen zwei Vektoren bleibt erhalten. Es gilt

\[\left(\mathbf{Q}\cdot\vec{x}\right) \cdot \left(\mathbf{Q}\cdot\vec{y}\right) = \vec{x}\cdot\vec{y}.\]

Gemäß der geometrischen Interpretation des Skalarproduktes bleibt der Winkel also gleich. Diese Eigenschaften von orthogonalen Matrizen werden ausgenutzt, um Drehungen und Spiegelungen zu beschreiben.

Determinante orthogonaler Matrizen ist Eins#

Die Determinante einer orthogonalen Matrix ist immer \(\pm 1\). Eine Determinante von \(1\) bedeutet, dass die Transformation eine Drehung ist, während \(−1\) auf eine Spiegelung hinweist.

Invertierbarkeit#

Jede orthogonale Matrix ist invertierbar, und ihre Inverse ist gleich ihrer Transponierten:

\[\mathbf{A}^{-1} = \mathbf{A}^{T}.\]

Diese Eigenschaft und auch die anderen werden in dem folgenden Video demonstriert.

Video “Orthogonale Matrizen” von MathePeter

Zusammenfassung und Ausblick#

In diesem Kapitel haben wir die Definition und Eigenschaften orthogonaler Matrizen kennengelernt. Orthogonale Matrizen werden insbesondere dann verwendet, wenn Längen und Winkel unverändert bleiben müssen. Im nächsten Kapitel werden wir erneut auf das Thema Lösen von linearen Gleichungssystemen zuwenden, diesmal aber die Matrizenschreibweise benutzen.