6.2 Fourierreihen#

Periodische Vorgänge gibt es sowohl in der Natur als auch in der Technik. In der Technik gehören insbesondere Drehbewegungen dazu. Es ist nicht sinnvoll, periodische Funktionen durch Potenzreihen bzw. Taylorreihen zu approximieren. Stattdessen werden wir periodische Funktionen als Überlagerung von Sinus- und Kosinus-Funktionen approximieren, also sogenannte Fourierreihen.

Die Idee der Fourierreihe wird in dem folgenden Video erklärt.

Video “Fourierreihe Übersicht” von Daniel Jung

Lernziele Fourierreihen#

Lernziele

  • Sie können eine periodische Funktion in eine Fourierreihe umschreiben.

  • Sie können dazu die Fourierkoeffizienten berechnen.

  • Sie kennen die Kriterien, wann eine Funktion in eine Fourierreihe entwickelt werden darf.

Trigonometrische Polynome#

Bevor uns dem Thema Fourierreihe widmen, klären wir erst einmal den Begriff trigonometrisches Polynom. Wir haben ja bereits im letzten Kapitel die beiden wichtigsten periodischen Funktionen kennengelernt: Sinus- und Kosinusfunktion. Beide haben die Periode \(2\pi\). Als erstes wollen wir Sinus und Kosinus so umschreiben, dass sie nicht die Periode \(2\pi\) haben, sondern eine beliebige Periode, die als \(T\) abgekürzt wird. Das klappt mit dem folgenden Trick. Wir nehmen nicht \(\sin(x)\), sondern \(\sin(\omega \cdot t)\) mit

\[\omega = \frac{2\pi}{T}.\]

Wenn jetzt für \(t\) die Periode \(T\) eingesetzt wird, ist das das Gleiche wie \(2\pi\). Und \(\omega = 1\) ist die normale Sinus-/Kosinusfunktion.

Außerdem können wir die Sinus-/Kosinusfunktionen mit doppelter, dreifacher, vierfacher … Frequenz miteinander kombinieren, z.B. so:

\[f(x) = 3\cdot\cos(\omega t) -17\cdot\sin(\omega t) -2\cdot\cos(2\omega t) + \frac{3}{8}\cdot\sin(2\omega t).\]

Die Funktion \(f\) hat die Periode \(T = 2\pi\) und wird trigonometrisches Polynom genannt.

Was ist … ein trigonometrisches Polynom?

Ein trigonometrisches Polynom ist eine Funktion, die als Linearkombination von Sinus- und Kosinusfunktionen geschrieben werden kann:

\[f(x) = \frac{a_0}{2} + a_1 \cos(\omega t) + b_1 \sin(\omega t) + a_2\cos(2\omega t) + b_2\sin(2\omega t) + \ldots + a_n\cos(n\omega t) + b_n\sin(n\omega t).\]

Hierbei sind \(a_0\), \(a_1\), \(b_1\), \(a_2\), \(b_2\), …, \(a_n\), \(b_n\) Konstanten, die bestimmt werden müssen, um die Funktion f(x) vollständig zu beschreiben.

Und warum nehmen wir \(\frac{a_0}{2}\) und nicht einfach \(a_0\)? Das hat etwas mit komplexen trigonometrischen Polynomen zu tun, die wir in dieser Vorlesung aber nicht mehr behandeln. Dennoch halten wir uns an dieser Stelle an die übliche Schreibweise.

Video “Vorbereitung Fourierreihe Sinus/Kosinus” von Daniel Jung

Wie findet man zu einer Funktion das trigonometrische Polynom?#

Die Koeffizienten \(a_k\) und \(b_k\), also die Vorfaktoren vor den Sinus- und den Kosinusfunktionen im trigonometrischen Polynom heißen Fourierkoeffizienten. Wenn wir einfach irgendwelche Zaheln dafür wählen, ergibt sich dadurch eine Funktion. Wenn wir aber den umgelehrten Weg gehen wollen, dass die Funktion \(f\) durch das trigonometrische Polynom angenähert werden soll, dann müssen wir die Fourierkoeffizienten nach der folgenden Formel berechnen.

Wie werden die Fourierkoeffizienten berechnet?

Wir starten mit einer gegebenen Funktion \(f\), die die Periode \(T\) und die Frequenz \(\omega = \frac{2\pi}{T}\) hat. Die Fourierkoeffizienten werden dann berechnet als

\[\begin{align*} a_k &= \frac{2}{T} \int_{-T/2}^{T/2} f(t) \, \cos(k \, \omega \, t) \, dt, \quad k = 0, 1, 2, \ldots \\ b_k &= \frac{2}{T} \int_{-T/2}^{T/2} f(t) \, \sin(k \, \omega \, t) \, dt, \quad k = 1, 2, \ldots \\ \end{align*}\]

Fourierreihe#

Wenn wir den Grad \(n\) des trigonometrischen Polynoms erhöhen, so können wir vermuten, dass die Approximation der Funktion \(f\) immer besser wird. Tatsächlich ist es nicht ganz so einfach. Nur wenn die sogenannten Dirichlet-Bedingungen erfüllt sind, konvergiert das trigonometrische Polynom für \(n \to \infty\) gegen die periodische Funktion \(f\). Die Dirichlet-Bedingungen lauten:

  1. Das Periodenintervall lässt sich in Teilintervall unterteilen, in denen die Funktion \(f\) stetig und monoton ist. Dabei darf es höchstens endlich viele Teilintervalle geben.

  2. Bei den Unstetigkeitsstellen existiert sowohl der linksseitige als auch der rechtsseitige Grenzwert.

Bei allen praktisch vorkommenen Beispielen im Maschinenbau ist dies aber der Fall. Wenn der Grad \(n\) gegen unendlich geht, nennen wir die Reihe Fourierreihe.

Was ist … die Fourierreihe?

Die meisten Funktionen \(f\) mit der Periode \(T\) und der Kreisfrequenz \(\omega\) können als eine unendliche Summe von Sinus- und Kosinusfunktionen approximiert mit den Fourierkoeffizienten \(a_k\) und \(b_k\) werden:

\[f(t) = \frac{a_0}{2} + \sum_{k=1}^{\infty} \left(a_k \cos(k \omega t) + b_k \sin(k \omega t) \right).\]

Diese Funktionenreihe nennt man Fourierreihe.