8.1 Gradient und Richtungsableitung#
Die partiellen Ableitungen sind die Ableitungen in Richtung der Koordinatenachsen. Bisher haben wir uns noch nicht damit beschäftigt, wie die Ableitung in eine beliebige Richtung berechnet wird. Das wird in diesem Kapitel nachgeholt.
Lernziele#
Lernziele
Sie wissen, was die Richtungsableitung einer Funktion von mehreren Variablen ist.
Sie wissen, wann sie die Richtungsableitung auch mit Hilfe des Gradienten berechnen dürfen und kennen für diesen Fall auch die Berechnungsformel.
Sie kennen die Rechenregeln für Gradienten.
Richtungsableitung#
Die Ableitung einer Funktion von mehreren unabhängigen Variablen in eine Richtung wird wie bei eindimensionalen Funktionen über den Grenzwert des Differenzenquotienten eingeführt. Aber fangen wir langsam an. Die Funktion \(f\) soll also von mehreren Variablen abhängen. Wir nehmen an, dass es \(n\) Variablen sind und schreiben diese als \(x_1\), \(x_2\), \(\ldots\), \(x_n\). Jetzt betrachten wir einen festen Punkt \(\vec{x} = (x_1, x_2, \ldots, x_n)\) aus der Definitionsmenge, für den wir die Richtungsableitung bilden wollen. Die Richtung bezeichnen wir als \(\vec{v}\). Wie bei Richtungen üblich, soll die Richtung schon normiert angegeben werden. Damit ist gemeint, dass der Vektor \(\vec{v}\) die Länge 1 hat.
Als nächstes gehen wir von dem Punkt \(\vec{x}\) ein kurzes Stückchen in Richtung \(\vec{v}\). Da die Richtung die Länge 1 hat, führen wir die reelle Zahl \(h\) ein und multiplizieren sie mit der Richtung. Das kurze Stückchen von \(\vec{x}\) in Richtung \(\vec{v}\) wird also durch
beschrieben und hat automatisch die Länge \(h\).
Nun wird der Differenzenquotient gebildet. Im Zähler steht die Differenz zwischem dem Funktionswert an der Stelle \(\vec{x} + h\cdot \vec{v}\) und dem Funktionswert am Punkt \(\vec{x}\). Im Nenner die Differenz zwischen den beiden Punkten selbst, also \(\vec{x} - \left(\vec{x}+h\vec{v} \right)\). Damit lautet der Differenzenquotient
Der Grenzwert für \(h \to 0\) ist die Richtungsableitung der Funktion \(f\) in Richtung \(v\). Wir verwenden für die Richtungsableitung das Symbol \(D_{v}f\).
Was ist … die Richtungsableitung?
Die Richtungsableitung der Funktion \(f\), die von mehreren Variablen abhängt, in die Richtung \(v\) ist der Grenzwert
Das gilt allerdings nur dann, wenn die Richtungsableitung überhaupt existiert.
Wenn wir als Richtung die Koordinatenachsen wählen, landen wir wieder bei den partiellen Ableitungen.
Manchmal kann die Richtungsableitung auch mit dem Gradienten berechnet werden#
Die Grenzwertbildung ist aufwendig. Schön wäre es, ein Formel für die Berechnung der Richtungsableitung zu haben. Die gibt es auch, aber nur, wenn die Funktion total differenzierbar ist. Diese Art der Differenzierbarkeit ist neu und tatsächlich werden wir die korrekte mathematische Definition der totalen Differenzierbarkeit hier weglassen. Glücklicherweise gehören Funktionen, deren partiellen Ableitungen alle stetig sind, zu den total differenzierbaren Funktionen. Daher beschränken wir uns auf diese Funktionen und halten fest:
Wie wird die Richtungsableitung berechnet?
Wenn alle partiellen Ableitung der Funktion \(f\) stetig sind, kann die Richtungsableitung in Richtung \(v\) auch mit dem Gradienten \(\nabla f\) berechnet werden. Dann gilt:
Im folgenden Video wird ausführlich ein Beispiel vorgerechnet.
Video zu “Richtungsableitung berechnen” von Mathematrick
Rechenregeln für Gradienten#
Wie Sie sehen, hat der Gradient eine große Bedeutung für das Ableiten mehrdimensionaler Funktionen. Es wäre auch hier gut, sich das Berechnen des Gradienten zu vereinfachen und ggf. neue Gradienten aus schon bekannten Gradienten zusammenzubauen. Im Folgenden sind die Rechenregeln für Gradienten angegeben.
Ist \(c\) eine konstante reelle Zahl, so ist der Gradient davon der Nullvektor, also
Es gilt die Faktorregel:
Es gilt die Summenregel:
Es gilt die Produktregel:
\[\nabla \left(f(\vec{x})\cdot g(\vec{x})\right) = \nabla f(\vec{x}) \cdot g(\vec{x}) + f(\vec{x})\cdot \nabla g(\vec{x}).\]Und die Quotientenregel lautet:
Auch eine Kettenregel gibt es, doch dafür müssen wir erst einmal vektorwertige Funktionen betrachten.
Zunächst folgen aber noch Videos, die die obigen Regeln erklären.