9.1 Idee von Doppelintegralen#
Nachdem wir in den vorhergehenden Kapiteln Ableitungen von eindimensionalen Funktionen auf mehrdimensionale Funktionen verallgemeinert haben, werden wir in diesem Kapitel Integrale von Funktionen mit zwei Variablen betrachten, also von Funktionen \(f:\mathbb{R}^2\to\mathbb{R}\). Dieses sogenannte Doppelintegral hat in der Technischen Mechanik viele Anwendungen und wird insbesondere bei Schwerpunktsberechnungen gebraucht.
Lernziele#
Lernziele
Sie können erklären, was ein Doppelintegral \(\iint_{A} f(x,y)\, dA\) ist und unter welchen Voraussetzungen es existiert.
Grundkonzept#
Bei eindimensionalen Funktionen entspricht das Integral \(\int_{a}^{b} f(x)\, dx\) dem Flächeninhalt der Fläche \(A\) (siehe Abbildung).
Fig. 16 Integral entspricht dem Flächeninhalt#
(Quelle: “Wikimedia”, Autor: 4C - Eigenes Werk, based on JPG version, Lizenz: CC BY-SA 3.0)
Dementsprechend beschreibt das Doppelintegral einer Funktion von zwei Variablen das Volumen \(V\), das zwischen dem Integrationsbereich \(A\) (dem „Boden”) und dem Funktionsgraphen von \(f(x,y)\) (der „Decke”) entsteht. Dabei stammen die Punkte \((x,y)\) aus dem Bereich \(A\).
In der folgenden interaktiven Demonstration wird das Rechteck \(A = [-2,2] \times [-4,4]\) als Definitionsgebiet bzw. Integrationsbereich verwendet. Sie können zwischen vier verschiedenen Funktionen wählen. Das Volumen zwischen der Fläche, die durch \(f(x,y)\) und der xy-Ebene erzeugt wird, ist hellblau eingefärbt.
Doppelintegrale haben aber nicht nur die geometrische Anwendungen der Volumenberechnung, sondern mit Doppelintegralen werden u.a. auch
Flächeninhalte,
Schwerpunkte einer Fläche und
Flächenmomente
berechnet.
Definition Doppelintegral#
Für die Berechnung des Volumens der Funktion \(f(x,y)\) über einem Bereich \(A\) gehen wir so vor, wie im eindimensionalen Fall bei der Berechnung des Flächeninhaltes einer eindimensionalen Funktion. Wir zerlegen den Bereich \(A\) mit einem sogenannten Gitter, d.h. wir teilen den Bereich \(A\) in viele kleine Teilbereiche ein, die wir mit \(A_i\) durchnummerieren. Von jedem Teilbereich \(A_i\) können wir die x- und y-Koordinate des Mittelpunkts bestimmen. Diese Koordinaten nennen wir \((x_i,y_i)\).
Wenn die Teilbereiche rechteckig sind (das müssen sie nicht sein, wir könnten auch beispielsweise andere geometrische Formen verwenden), dann kann das Volumen der Säule \(V_i\) (siehe Abbildung rote Säule) berechnet werden als
Fig. 17 Volumen als Summe einzelner Säulen, hier mit rechteckigem Gitter#
Jetzt müssen wir noch alle Säulen aufaddieren, um eine Annäherung für das Volumen zwischen dem Integrationsbereich und dem Funktionsgraphen \(f(x,y)\) zu bekommen, also
Dabei haben wir jetzt angenommen, dass alle Teilbereiche \(A_i\) die gleiche Form haben und als Rechtecke mit den Seitenlängen \(\Delta x\) und \(\Delta y\) beschrieben werden. Wir können das Summenzeichen verwenden:
Wenn wir nun die Teilbereiche \(A_i\) immer kleiner machen, so brauchen wir immer mehr Säulen, also \(N\rightarrow\infty\). Falls der Grenzwert
existiert, nennen wir ihn Integral von \(f(x,y)\) über \(A\) und schreiben das als sogenanntes Doppelintegral
Bei den obigen Überlegungen sind wir davon ausgegangen, dass der Bereich \(A\) in rechteckige Teilbereiche \(A_i\) aufgeteilt wird. Das muss nicht so sein, wir hätten auch andere Aufteilungen wählen können. Daher ist die allgemein formulierte Definition eines Doppelintegrals wie folgt:
Was ist … ein Doppelintegral?
Doppelintegrale sind Integrale für zweidimensionale Funktionen \(f:\mathbb{R}^2\to\mathbb{R}\) mit einer Definitionsmenge \(A \subset \mathbb{R}^2\). Die Definitionsmenge \(A\) wird in \(N\) Teilgebiete zerlegt, die \(A_i\) genannt werden. Der Flächeninhalt dieser Teilgebiete wird mit \(\Delta A_i\) bezeichnet. Wenn der Grenzwert
existiert, wird er als Doppelintegral von \(f\) über \(A\) bezeichnet und mit
abgekürzt.
Das Doppelintegral existiert insbesondere dann, wenn die Funktion \(f(x,y)\) über dem Bereich \(A\) stetig ist und \(A\) ein messbarer Bereich ist (z.B. ein Rechteck, Kreis oder allgemein ein Bereich mit stückweise glatter Berandung).
Im folgenden Video wird das Grundkonzept des Doppelintegrals erklärt. Im nachfolgenden Video wird die geometrische Interpretation des Doppelintegrals zur Berechnung eines Volumens präsentiert.