7.4 Höhere partielle Ableitungen und Hesse-Matrix#
Eine eindimensionale Funktion kann man oft nicht nur einmal, sondern zweimal, dreimal, manchmal sogar unendlichmal oft ableiten. Das geht natürlich nur, wenn nach dem Ableiten eine Funktion herauskommt, die wieder ableitbar ist, sonst muss man aufhören. Das lässt sich analog auf Funktionen von mehreren Variablen übertragen.
Lernziele#
Lernziele
Sie können höhere partielle Ableitungen berechenen.
Sie wissen, was mit gemischten partiellen Ableitungen gemeint ist.
Sie können die Hesse-Matrix berechnen.
Sie wissen, wann sie bei der Berechnung von höheren partiellen Ableitungen sich einige Berechnungen einsparen dürfen, indem Sie den Trick Satz von Schwarz anwenden können.
Was sind höhere partielle Ableitungen?#
Im letzten Kapitel haben wir die Funktion
partiell zuerst nach \(x\) und dann nach \(y\) abgeleitet. Das Ergebnis waren die partiellen Ableitungen:
Beides sind aber wieder Funktionen von zwei Variablen. Es hindert uns keiner daran, diese Funktionen erneut abzuleiten. Beispielsweise können wir die 1. partielle Ableitung von \(f\) nach \(x\) erneut nach \(x\) ableiten. Das Ergebnis ist
Wir könnten die Funktion \(3x^2 - 2x - 5\) aber auch nach \(y\) ableiten und haben dann
Beachten Sie die Schreibweise, die kennzeichnet, nach welcher Variable in welcher Reihenfolge abgeleitet wird. Die Richtung, nach der zuerst abgeleitet wird, steht weiter rechts!
Ebensogut hätten wir auch die 1. partielle Ableitung der Funktion \(f\) nach \(y\) erneut nach \(x\) oder \(y\) ableiten können. Bei Funktionen von zwei Variablen gibt es für die sogenannten 2. partiellen Ableitungen die folgenden Kombinationsmöglichkeiten:
Ableitung nach x und dann Ableitung nach x
Ableitung nach x und dann Ableitung nach y
Ableitung nach y und dann Ableitung nach x
Ableitung nach y und dann Ableitung nach y
Die zweite und dritte Kombination, bei denen erst nach einer und dann nach der anderen Variable abgeleitet wird, nennen wir gemischte partielle Ableitungen.
Bei unseren bisherigen Überlegungen sind die partiellen Ableitungen für eine Funktion von zwei unabhängigen Variablen gebildet worden. Bei drei unabhängigen Variablen werden die Variablen oft mit \(x\), \(y\) und \(z\) bezeichnet. Bei vier oder mehr unabhängigen Variablen wird oft die Vektorschreibweise verwendet, also bei \(n\) Variablen
Video zu “Höhere partielle Ableitungen” von Mathematische Methoden
Hesse-Matrix und der Satz von Schwarz#
Höhere partielle Ableitungen können schnell sehr unübersichtlich werden. Für die 2. partiellen Ableitungen ist es üblich, diese sortiert in einer Tabelle zu notieren. Diese Tabelle in Matrixform wird Hesse-Matrix genannt.
In der ersten Spalte stehen alle partiellen Ableitungen, bei denen zuerst nach \(x_1\) abgeleitet wurde. Diese partielle Ableitung kürzen wir mit \(f_{x_1}\) ab. Um die zweiten partiellen Ableitungen von \(f_{x_1}\) zu bilden, leiten wir partiell nach \(x_1\) ab und schreiben das in die erste Zeile. Dann wird \(f_{x_1}\) nach \(x_2\) abgeleitet und in die 2. Zeile der 1. Spalte geschrieben. Dann wird \(f_{x_1}\) nach \(x_3\) abgeleitet und in die 3. Zeile der 1. Spalte geschrieben. Nachdem alle 2. partiellen Ableitungen gebildet sind, wird \(f\) nach \(x_2\) abgeleitet und mit den jeweiligen zweiten partiellen Ableitungen in die zweite Spalte geschreiben. Dieses Schema wird fortgesetzt.
Für eine Funktion von zwei Variablen \(x\) und \(y\) erhalten wir:
Für eine Funktion von drei Variablen \(x_1\), \(x_2\) und \(x_3\) erhalten wir
Was ist … die Hesse-Matrix?
Die Hesse-Matrix gibt es nur für Funktionen \(f\) von mehreren Variablen \(x_1, x_2, \ldots, x_n\), die mindestens zweimal partiell differenzierbar sind. Die Hesse-Matrix besteht aus den 2. partiellen Ableitungen der Funktion \(f\), wobei die 2. partiellen Ableitungen in der folgenden Reihenfolge in der Matrix angeordnet sind:
Die Größe der Hesse-Matrix wird durch die Anzahl der unabhängigen Variablen bestimmt, von denen die Funktion abhängt. Bei zwei Variablen, ist die Hesse-Matrix eine 2x2-Matrix, bei drei Variablen eine 3x3-Matrix usw. Auch wenn die Hesse-Matrix etwas Ordnung und Übersicht in die zweiten partiellen Ableitungen bringt, ist es doch langwierig, die vielen Kombinationen an partiellen Ableitungen zu bilden. Noch komplizierter wird es für partielle Ableitungen der Ordnung 3 oder noch höher. Glücklicherweise gibt es einen Trick, einige der Kombinationen kann man sich sparen. Dieser Trick wird in der Mathematik der Satz von Schwarz genannt.
Hermann Amandus Schwarz hat herausgefunden, dass bei Funktionen, die mehrfach stetig differenzierbar sind, es beim partiellen Ableiten nicht darauf ankommt, in welcher Reihenfolge nach den einzelnen Variablen abgeleitet wird.
Wir bleiben bei dem Beispiel \(f(x,y) = x^3 + y^3 - x^2 + 2y^2 - 5x + y + 3\) , das eine beliebig oft stetig differenzierbare Funktion darstellt. Ob zuerst nach \(x\) und dann nach \(y\) abgeleitet wird oder zuerst nach \(y\) und dann nach \(x\) macht keinen Unterschied. Die erste Variante hatten wir ja bereits ausgerechnet:
Leiten wir die Funktion \(f\) zuerst nach \(y\) und dann nach \(x\) ab, so erhalten wir ebenfalls
Wir hätten uns diese Berechnung sparen können, da nach dem Satz von Schwarz die Reihenfolge unwichtig ist und
gilt.